Denn Menschen, die in Trance leben, kommunizieren eher indirekt oder, noch schlimmer, genau das Gegenteil von dem, was sie wirklich von Herzen gerne wollen.
Sie sind oft ambivalent, verwirrt, wissen nicht bzw. geben vor (nicht) zu wissen, was sie wirklich wollen. Sie kommunizieren also nicht ihre wirkliche Absicht und beklagen sich dann darüber, dass das Gegenüber oder das Leben nicht so reagiert, wie sie es eigentlich wollen. Sie tun selbstlos, genügsam, zurückhaltend oder besonders großzügig, um geliebt zu werden, fordern, lügen, tun mächtig oder ganz viel für ein paar Brosamen an Zuwendung, die gar nicht ihnen sondern ihrer Fassade gelten.
Manche kommunizieren auch ausschließlich, was sie nicht wollen und sind dann frustriert, weil sie dadurch natürlich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht das bekommen, was sie wirklich wollen. Und natürlich geben sie dann dem Leben oder ihrer Umwelt die Schuld dafür.
Kurz: Unzählige Dramen sind vorprogrammiert.

Aber warum tun sie das?
Nun, häufig spüren Menschen ihren Körper und damit ihre Gefühle kaum noch, da sie sich von ihm abgetrennt haben, um zu funktionieren. Sie können sich dabei sogar bis zu einem gewissen Grad gut fühlen, da funktionierende Menschen in unserer Gesellschaft viel Lob und Anerkennung bekommen.
In solch einem Fall wird die „Hilflosigkeit“ und Selbsteinschränkung häufig nicht so schnell entdeckt.
Es besteht nur eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie beträchtliche Schwierigkeiten in ihren Beziehungen bekommen, da ein Mensch, der sich nicht spürt noch für voll nimmt, auch sein Gegenüber weder spüren noch für voll nehmen kann, geschweige denn zärtlich, empathisch, verständnisvoll geschweige denn auf konstruktive Weise kooperativ sein kann.
Er funktioniert und erwartet auch von seinen Mitmenschen, dass sie funktionieren (siehe zum Thema “Identitätstrauma” in meinem E-Book “Traumata als Tor zur Freiheit”).
Es besteht zudem eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Psyche wie Körper ebenso wie die Umwelt irgendwann revoltieren, da ein Mensch, der seinen Körper und seine Gefühle nicht wirklich wahrnimmt, auch seine Bedürfnisse, Wünsche und Grenzen nicht klar wahrnehmen und äußern kann.
Kurz: Er lebt an sich vorbei, ohne es wirklich zu bemerken, sagt „ja“, wenn er „nein“ meint, „nein“, wenn er „ja“ meint und neigt dadurch dazu, sich zu über- oder unterfordern.

Wesentlich ist, dass jeder Trancezustand eine Fertigkeit ist, die ein Mensch entwickelt, um überwältigende Situationen zu überleben. In ihrem Ursprung war diese also wichtig und nützlich. Sie wurde erst zum Problem, weil sie automatisch und unbewusst weiter angewandt wurde, obwohl das Ursprungsproblem nicht mehr bzw. nur noch in der Erinnerung existiert.
Sie leben also in der Vergangenheit, nicht in der Gegenwart und die Trance wird weiterhin erschaffen, obwohl der Erwachsene das gar nicht mehr möchte und sie jetzt sogar immer mehr Probleme erschafft und unendlich viel Energie raubt.
Sie hat sich gewissermaßen verselbständigt.
Allerdings kann dieser Prozess auch wieder rückgängig gemacht werden, wenn man weiß, wie.
Die Folge ist eine unglaubliche psychische Freiheit, das Freisetzen einer Unmenge an Energie und das Ausheilen chronischer körperlicher Beschwerden.
Diese Freiheit erlaubt dir, deine Energien konstruktiv dort einzusetzen, wo du sie haben möchtest bzw. wo sie dir wirklich gut tun und sie nicht in das Aufrechterhalten einer alten, inzwischen destruktiven Ich-Trance zu investieren.
Du wirst dadurch wieder viel flexibler in deiner Fähigkeit, liebevoll, ehrlich und auf eine zutiefst befriedigende Art auf deine Wünsche, Bedürfnisse sowie die deiner Umgebung zu reagieren, ja, du agierst erstmals mehr als dass du reagierst, bist bei dir, bewusst, lebendig, liebevoll, gegenwärtig, frei.
Kurz: Ein echtes Geschenk für dich und deine Umwelt.
(Quelle: Gabriele Rudolph, Das innere Kind und die Stille, Ottersberg 2022, Foto von Ernst Held)